Text: Olivia Frei
Du fragst dich, was das für eine komische Frage ist? Klar, du hast deinen Lohn schon Ende Januar bekommen. Aber eigentlich arbeiten wir Frauen dieses Jahr bis zum 17. Februar 2024 gratis. Denn rechnerisch erhalten die Frauen in der Schweiz – im Vergleich zu den Männern – erst am 17. Februar ihren ersten Lohn. Gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung beträgt der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen nämlich 13.8%.
13.8% – diese Zahl bezieht sich auf die Medianlöhne in der Privatwirtschaft. Im öffentlichen Sektor weist das Bundesamt für Statistik für 2020 eine Differenz von 10.5% aus. Weniger als in der Privatwirtschaft, aber immer noch ein signifikanter Unterschied.
Der Equal Pay Day ist ein internationaler Aktionstag, der an diesen Unterschied erinnert. Das Datum variiert von Jahr zu Jahr je nachdem, wie hoch der Gender Pay Gap aktuell ist.
Die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung und damit auch der gleiche Lohn für gleichwertige Arbeit sind seit 1981 in der Bundesverfassung verankert (Art. 8 Abs. 3). Seither konnten die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen nur marginal verringert werden. Im Dezember 2018 hat das eidgenössische Parlament die Revision des Gleichstellungsgesetzes verabschiedet. Das revidierte Gesetz trat am 1. Juli 2020 in Kraft. Es verpflichtet alle Unternehmen mit 100 oder mehr Mitarbeitenden, während 12 Jahren alle 4 Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen.
Diese Zahlen basieren auf der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung, die alle zwei Jahre vom Bundesamt für Statistik veröffentlicht wird. Die Erhebung umfasst rund 2 Millionen Lohnzahlungen von 36’000 privaten und öffentlichen Unternehmen. 13. Monatslöhne und Boni sind ebenfalls enthalten. Nicht enthalten sind Lohnnebenleistungen wie Parkplatzzulagen, Krankenkassen-Vergünstigungen, etc.
Besonders besorgniserregend ist, dass der Lohnunterschied beim Eintrittslohn bei Hochschulabsolvent:innen bereits 7% betrifft. Ein Unterschied, der im späteren Berufsleben kaum mehr ausgeglichen werden kann. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Hochschulabschlussquote der Frauen fast vervierfacht (von 9.7% auf 37.6%). Die Lohnunterschiede sind also nicht darauf zurückzuführen, dass Frauen weniger qualifiziert sind als Männer.
Was sind die Hauptgründe für die Lohnunterschiede?
- Frauen sind in Kader- und Führungspositionen untervertreten.
- Sogenannte «Frauenberufe» werden schlechter entlöhnt. Der sogenannte «Female Shift» bezeichnet das Phänomen, dass je mehr Frauen in typischen Männerberufen arbeiten, desto eher stagnieren oder sinken die Löhne.
- Hohe Betreuungskosten führen dazu, dass viele Frauen Teilzeit arbeiten. 57.9% der Frauen arbeiten Teilzeit (Pensum unter 90%. 22.9% arbeiten in einem Pensum unter 50%). 18.7% der Männer arbeiten Teilzeit (Pensum unter 90%. 7.2% arbeiten in einem Pensum unter 50%).
- Fehlende steuerliche Anreize: Die Schweiz kennt keine Individualbesteuerung. Unser Steuersystem enthält Fehlanreize, die dazu führen, dass Frauen weiterhin Teilzeit arbeiten.
- Fehlende Lohntransparenz.
Vielleicht kennst du das Gefühl, dass du dich fragst, ob du gerecht bezahlt wirst. Ich kenne es und habe bei einer meiner ehemaligen Stellen angefangen, mit meinen Kolleg:innen über unsere Löhne zu sprechen. Ich habe auch den Lohnrechner des Bundesamtes für Statistik ausgefüllt, um herauszufinden, ob mein Lohn fair ist.
Ich musste herausfinden, dass ich nicht nur weniger als meine Kolleg:innen verdiene, sondern auch gemäss Lohnrechner nicht fair bezahlt werde. Damit konnte ich meinen Vorgesetzten konfrontieren und ein Prozess wurde in Gang gesetzt.
Gibt es ein Happy End? Leider nicht. Aber zu wissen, dass ich für mich kämpfe, hat mir geholfen meine nächsten Schritte zu planen und das Thema in Zukunft proaktiv anzugehen.
Achtung: Der Lohnrechner des Statistischen Bundesamtes ist derzeit nicht verfügbar. Der neue Lohnrechner dürfte ab Herbst 2024 in Betrieb genommen werden. In der Zwischenzeit kannst du hier die Tabellen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung konsultieren.
Quelle: Lohngleichheit in der Schweiz. Das Argumentarium. BPW Switzerland.
Wow! Du hast bis ganz nach unten gelesen! Das freut uns sehr! Als kleine Aufmerksamkeit für deine Aufmerksamkeit schenken wir dir ein Ticket für den femBazar am 8. März 2024. Einfach den Code: femb8z8rblg beim Checkout eingeben. Bis bald!
Auf unserem Blog findest du übrigens weitere Interviews, Artikel und Beiträge der Frauenzentrale Zürich. Viel Spass beim Lesen!