Text: Olivia Frei
In der Schweiz ist es erlaubt, mit halbnackten Frauen für Bordelle zu werben – auch an stark frequentierten Orten, an denen täglich Kinder, Jugendliche und Familien vorbeikommen. Ein aktueller Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission zeigt: Werbung für käuflichen Sex hat kaum Grenzen. Anders als bei Tabak oder Alkohol gibt es weder gesetzliche Einschränkungen noch verbindliche Regeln, wo solche Plakate hängen dürfen. Während wir Zigaretten und Bier aus dem öffentlichen Raum verbannen, bleibt Bordellwerbung sichtbar – ganz offiziell legitimiert.
Ein Plakat, das mit 28 (halb)nackten Frauen für ein Grossbordell warb, wurde von uns und 142 weiteren Personen beanstandet. Wir berichteten. Noch nie zuvor sind bei der Kommission so viele Beschwerden zu einem einzigen Fall eingegangen. Das zeigt: Die Zeit des stillen Hinnehmens ist vorbei. Frauenkörper als Werbung für Sexkauf – damit wollen sich viele nicht länger abfinden.
Die Reaktion der Kommission? Ablehnung. Die Begründung: Solche Werbung falle unter die wirtschaftliche Freiheit, solange keine sexuellen Handlungen gezeigt oder geltende Gesetze verletzt würden. Dass Frauen dabei auf ihre Körper reduziert und als käufliche Objekte dargestellt werden, reichte nicht aus, um eine Grenze zu überschreiten.

Der Widerspruch ist offensichtlich. Für Alkohol- und Tabakwerbung gibt es klare Regeln, vor allem zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Da gilt es als unbestritten, dass Werbung im öffentlichen Raum Verantwortung trägt. Wenn es jedoch um Sexkauf geht, gelten andere Massstäbe. Die Kommerzialisierung weiblicher Körper bleibt erlaubt.
Was wir sehen, ist kein Zufall. Es ist System. Dass wir Zigaretten aus dem Blickfeld verbannen, aber Bordellwerbung mit (halb)nackten Frauen ganz selbstverständlich im Stadtbild dulden, zeigt: Sexkauf ist nicht nur legal – er ist gesellschaftlich integriert, verankert, normalisiert. Plakate wie dieses sind keine Ausreisser. Sie sind Ausdruck eines Marktes, der Prostitution als akzeptiertes Konsumgut inszeniert – und dabei ausblendet, wie viel Elend, Abhängigkeit, Gewalt und Ungleichheit damit verbunden sind.
Dass wir so zahlreich dagegen protestieren, ist ein starkes Zeichen. Aber offenbar noch keines, das Gewicht hat. Vielleicht, weil wir uns längst daran gewöhnt haben, dass weibliche Körper verkauft werden dürfen – und mit ihnen ihre Abbildungen gleich mit.
«Wer das ändern will, muss nicht über Moral reden. Sondern über Macht.»
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